Ute Goerke

Journalistin / Dipl. Geologin

 

Erschienen als Bericht beim Ev. Pressedienst (epd Ruhr) am 4.5.2001

 

Grüne Polizei im braunen Staat

Erstmals dokumentiert eine Ausstellung die Geschichte der Schutzpolizei


Münster (epd). „Es ist gut, einen Freund an der Seite zu haben, der uns über schwierige Situationen hinweghilft“, ist in einer Werbeanzeige über die Ordnungspolizei aus den Jahren 1929 -30 zu lesen. Das Leitbild der Polizei als „Freund und Beschützer“ wurde in der Weimarer Republik geprägt und vom Nationalsozialismus für die eigenen Zwecken missbraucht. Die Parole „Die Polizei – Dein Freund und Helfer“ prägte auch das Bild der Ordnungshüter in der Nachkriegszeit.
Das ist der Ansatz der bundesweit einmaligen Dauerausstellung „Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung“. Erstmalig dokumentiert eine Ausstellung wie Polizisten zwischen 1924 und 1968 von Verfassungsverteidigern zu Verfassungsbrechern und nach dem Kriege zu entschiedenen Leugnern ihrer Taten wurden.
„Von sechs Millionen Juden wurden 15,5 Millionen von der Polizei erschossen. Achtzig Prozent haben die Taten mitgetragen“, sagt Alfons Kenkmann, Leiter der Villa ten Hompel am Donnerstag vor Journalisten. Die uniformierte Polizei beteiligte sich am Holocaust, war in das System des Nationalsozialismus integriert. Freund und Helfer waren sie nur für Menschen, die sich nicht gegen den Nationalsozialismus stellten.
Mit Hilfe von Fotos, persönlichen Briefen, mit Ton- und Filmaufzeichnungen wird gezeigt, wie Polizisten in die besetzten Gebiete Europas gebracht wurden, um zu töten. Auch die Fahrt der Opfer in die Konzentrationslager nimmt ein Raum an: Abgedunkelt und nur die Geräusche von fahrenden Eisenbahnwagen sind zu hören. Dies war auch ein Schlüssel für die unbefriedigende Verfolgung der Taten nach 1945. Wenn Zeugen des Holocausts noch lebten, dann selten in Deutschland. Richter, Staatsanwälte und Kriminalbeamte waren teilweise selbst an den Greueltaten und an der Weiterleitung von Befehlen beteiligt. Sie mussten in ihren eigenen Reihen ermitteln und wurden häufiger als „Christenverfolger“ beschimpft. Die Ausstellung will die häufige Verschleppung der Strafanzeigen und Verfälschung der Archivierungen zeigen. Bemerkenswert war auch das Netzwerk, um vor Strafprozessen die Aussagen abzugleichen und abzustimmen.
Anhand von Beispielen stellen die Ausstellungsmacher Alfons Kenkmann, Martin Hölzel und Christioph Spieker dar, wie Polizisten nach der Kapitulation gelebt und meist in ihrem Beruf als Polizist gearbeitet haben – häufig in ihrer Rolle als Freund und Helfer. Der Gang durch die Ausstellung soll die Basis für weitere Auseinandersetzungen und Konfrontationen bieten. „Mit der Präsentation möchten wir erreichen, dass Polizei exemplarisch als Teil unserer Gesellschaft gesehen wird“, so Historiker Kenkmann.
Zur Ausstellung „Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung“ erscheint ein Katalog im Klartext-Verlag, Essen (38,90 DM). Zu sehen ist die Schau dienstags bis freitags von 10.00 bis 16.00 Uhr und sonntags von 14.00 bis 18.00 Uhr.