Grüne Polizei im braunen Staat
Erstmals dokumentiert eine Ausstellung die Geschichte der Schutzpolizei
Münster (epd). „Es ist gut, einen Freund an der Seite zu haben, der uns
über schwierige Situationen hinweghilft“, ist in einer Werbeanzeige über
die Ordnungspolizei aus den Jahren 1929 -30 zu lesen. Das Leitbild der Polizei
als „Freund und Beschützer“ wurde in der Weimarer Republik geprägt und vom
Nationalsozialismus für die eigenen Zwecken missbraucht. Die Parole „Die
Polizei – Dein Freund und Helfer“ prägte auch das Bild der Ordnungshüter
in der Nachkriegszeit.
Das ist der Ansatz der bundesweit einmaligen Dauerausstellung „Im Auftrag.
Polizei, Verwaltung und Verantwortung“. Erstmalig dokumentiert eine Ausstellung
wie Polizisten zwischen 1924 und 1968 von Verfassungsverteidigern zu Verfassungsbrechern
und nach dem Kriege zu entschiedenen Leugnern ihrer Taten wurden.
„Von sechs Millionen Juden wurden 15,5 Millionen von der Polizei erschossen.
Achtzig Prozent haben die Taten mitgetragen“, sagt Alfons Kenkmann, Leiter
der Villa ten Hompel am Donnerstag vor Journalisten. Die uniformierte Polizei
beteiligte sich am Holocaust, war in das System des Nationalsozialismus
integriert. Freund und Helfer waren sie nur für Menschen, die sich nicht
gegen den Nationalsozialismus stellten.
Mit Hilfe von Fotos, persönlichen Briefen, mit Ton- und Filmaufzeichnungen
wird gezeigt, wie Polizisten in die besetzten Gebiete Europas gebracht wurden,
um zu töten. Auch die Fahrt der Opfer in die Konzentrationslager nimmt ein
Raum an: Abgedunkelt und nur die Geräusche von fahrenden Eisenbahnwagen
sind zu hören. Dies war auch ein Schlüssel für die unbefriedigende Verfolgung
der Taten nach 1945. Wenn Zeugen des Holocausts noch lebten, dann selten
in Deutschland. Richter, Staatsanwälte und Kriminalbeamte waren teilweise
selbst an den Greueltaten und an der Weiterleitung von Befehlen beteiligt.
Sie mussten in ihren eigenen Reihen ermitteln und wurden häufiger als „Christenverfolger“
beschimpft. Die Ausstellung will die häufige Verschleppung der Strafanzeigen
und Verfälschung der Archivierungen zeigen. Bemerkenswert war auch das Netzwerk,
um vor Strafprozessen die Aussagen abzugleichen und abzustimmen.
Anhand von Beispielen stellen die Ausstellungsmacher Alfons Kenkmann, Martin
Hölzel und Christioph Spieker dar, wie Polizisten nach der Kapitulation
gelebt und meist in ihrem Beruf als Polizist gearbeitet haben – häufig in
ihrer Rolle als Freund und Helfer. Der Gang durch die Ausstellung soll die
Basis für weitere Auseinandersetzungen und Konfrontationen bieten. „Mit
der Präsentation möchten wir erreichen, dass Polizei exemplarisch als Teil
unserer Gesellschaft gesehen wird“, so Historiker Kenkmann.
Zur Ausstellung „Im Auftrag. Polizei, Verwaltung und Verantwortung“ erscheint
ein Katalog im Klartext-Verlag, Essen (38,90 DM). Zu sehen ist die Schau
dienstags bis freitags von 10.00 bis 16.00 Uhr und sonntags von 14.00 bis
18.00 Uhr.